Ein Jahr Care Management Tirol

Ein Jahr Care Management Tirol

„Seit einem Jahr sind zwei Koordinatorinnen für Pflege und Betreuung im Bezirk Landeck tätig. Es hat sich gezeigt, dass es die richtige Entscheidung war, diese Einrichtung zu schaffen“, so Gesundheits- und Pflegelandesrat Bernhard Tilg anlässlich der Pressekonferenz am 10.07.2020 in Landeck. „Nun haben die Betroffenen eine Anlaufstelle, an die sie sich mit allen pflegerischen, betreuerischen aber auch psychosozialen Problemen wenden können. Das ist eine Entlastung für alle Betroffenen als auch für den Verwaltungsapparat des Landes Tirol, da sie vor Ort Beratung aus erster Hand bekommen,“ betont LR Tilg.

Die Etablierung von Care Management auf systemischer Ebene einerseits und die Implementierung des Case Management andererseits, kann maßgeblich zur Entlastung und Optimierung der organisatorischen Strukturen im mobilen Setting führen. Außerdem wird durch eine Qualifizierung einzelner Fachkräfte im Bereich des Case Management ein weiterer Schritt hin zu einer Professionalisierung der Pflege und Betreuung im extramuralen Bereich gesetzt.

Mit dem Case und Care Management Ansatz wird zum einen in der Organisation verankertes Case Management etabliert, welches auf fallbezogener Ebene mit Betroffenen und deren Angehörigen schwierige Situationen bearbeiten soll, um die Versorgungskontinuität sicherzustellen. Zum anderen werden durch das systemisch orientierte Care Management, die Weichen für eine interprofessionelle Zusammenarbeit zwischen den Versorgungsanbietern sichergestellt. Zudem fungiert das Care Management als Bindeglied auf regionaler Ebene.

Wissenschaftliches Fundament

Das Forschungsteam Assoc.-Prof. MMag. Dr. Eva Schulc (Wissenschaftliche Leitung), Univ.-Ass. Alessandra S. Gessl, BSc MA und Univ.-Ass. Angela Flörl, BScN (beide Projektmitarbeiterinnen) des Interreg-Projekts CaRe am Institut für Pflegewissenschaft der Tiroler Privatuniversität UMIT TIROL erhob, dass diplomierte Pflegepersonen der mobilen Pflege- und Betreuungsinstitutionen zunehmend mit sozialen, finanziellen und rechtlichen Belangen von Klient/inn/en konfrontiert sind. Der Pflege- und Betreuungsaufwand der Pflegepersonen steigt durch die Komplexität und Zeitintensität dieser Anforderungen, welche außerhalb des herkömmlichen Leistungsspektrums liegen, enorm an.

Die Ergebnisse einer qualitativen Studie zeigten auch, dass ein Case und Care Managementansatz in Tirol vor allem jenen Menschen zugutekommt, die alleine leben oder deren Leben zu Hause sich aufgrund der Komplexität ihrer Pflegebedürftigkeit nur sehr schwer meistern lässt. Genannte Situationen werden vor allem durch die hohe Komplexität in unserem Gesundheits- und Sozialsystem bedingt: Fragmentierung, sich ändernde Familienverhältnisse, und der Bedarf an mehreren Dienstleistern sind nur einige davon.

Neben der Begleitung, Implementierung und Evaluierung des Pilotprojekts gilt ein weiterer Fokus dem Universitätskurs für pflegerisch-soziales Case Management. Die vom Forschungsteam entwickelte Weiterbildung gemäß §64 des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes wird ab Herbst 2020 in Kooperation mit dem Ausbildungszentrum West für Gesundheitsberufe der Tirol Kliniken (AZW) angeboten und durchläuft aktuell das Zertifizierungsverfahren der Österreichische Gesellschaft für Care und Case Management (ÖGCC). Ziele des Universitätskurses sind, durch eine Qualifizierung im Bereich Case Management eine durchgehend geplante, ziel- und lösungsorientierte Pflege und Betreuung von Klient/inn/en in komplexen Problemlagen zu schaffen sowie ein Bindeglied zwischen den Versorgungsanbietern im Krankenhaus und mobilen beziehungsweise häuslichem Setting zu etablieren.

Vernetzung und Beratung

„Mit der Koordinationsstelle Pflege und Betreuung in Landeck haben wir ein Grundkonzept, das wir für die Ausrollung in den nächsten Bezirken anwenden können. Außerdem haben wir im letzten Jahr 120 Beratungen durchgeführt. Viele davon waren komplexe Case Management Fälle, die über Institutionen an uns herangetragen wurden“, so die Landeskoordinatorin für Care Management Tirol Gabi Schiessling (Landesinstitut für Integrierte Versorgung Tirol).

Weiterführende Informationen zum Interreg Projekt CaRe

Das Interreg Projekt V-A Italien Österreich 2014-2020 CaRe ist ein gemeinsames Projekt zwischen drei Regionen und Partnerinstitutionen in Vicenza, Mediofriuli und Tirol. Es wird durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und Interreg V-A Italien-Österreich 2014 bis 2020 gefördert und hat zum Ziel, den Zugang, die Versorgungskontinuität sowie die Qualität der Pflege und Betreuung besonders von älteren pflegebedürftigen Menschen durch mehrere Dienstleistungsanbieter zu optimieren und mögliche Versorgungslücken zu schließen.

Links:

 

Bildunterschrift: v.l. Sonja Theiner und Manuela Juen (beide Koordination Pflege und Betreuung Landeck), Gabi Schiessling (Tirol-Koordinatorin Care Management Tirol), LR Bernhard Tilg, Angela Flörl (Wissenschaftliche Mitarbeiterin Interreg-Projekt, UMIT TIROL), Eva Schulc (Leiterin Interreg-Projekt, UMIT TIROL), Hans Kreuzer (Mitglied Kernteam Care Management Tirol), Alessandra Gessl (Wissenschaftliche Mitarbeiterin Interreg-Projekt, UMIT TIROL).

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